Freitag Abend und ich habe es geschafft, das erste Guinness im „Drum and Monkey“. Vorher war ich kurz in einem anderen Pub, aber der barg die erste Enttäuschung, dass dort die gleiche Speisekarte lag wie im Whetherspon vor einige Tagen. Das ist also tatsächlich eine Kette, selbst wenn die von außen nicht so aussieht.
Um mich rum tobt das Pub-Leben, ich bekomme eine Idee, wozu man hier Affen brauchen könnte: Um sie unter der Decke und über den Köpfen der Trinker hangeln zu lassen, damit alle möglichst schnell an ihr Ale kommen. Und die Trommel, um den Affen schnelle Beine bzw. Arme zu machen, wer weiß. Der Pub ist von 1873 und so sieht er auch aus. Viel Holz und Leder, eine Stuckdecke mit Kronleuchtern aus Messing und mittendrin als Oase der Zapfhähne die riesen Theke.
Hier im Pub ist die Stimmung wesentlich besser als gestern im Stadion. Die Menschen hier auf der Insel haben ja eine große Tradition des Streiks. Viele Jahrzehnte lang haben die Arbeiter der großen Gewerkschaften mitunter wochenlang für eine fünf Minuten längere Teepause die Arbeit nieder gelegt. Und gestern haben rund 50.000 Menschen dabei zugesehen, wie die Glasgow Rangers gestreikt haben, zumindest sah es so aus. Eindhoven hatte nach 14 Minuten ein Tor geschossen und danach auch die Arbeit eingestellt, weil sie sich gegen die nicht vorhandenen Angriffe der Rangers auch nicht wehren mussten. Um es deutlich zu sagen, das war mit Abstand das mieseste Fußballspiel, das ich je life oder im Fernsehen gesehen habe!
Seit heute Morgen habe ich allerdings eine Theorie, woran das gelegen haben könnte. Denn heute Morgen habe ich auf einer Leiter einen Sicherheitshinweis entdeckt, mit zehn verschiedenen Punkten.
Zehn!
Der erste war: „Lesen Sie bitte die Gebrauchsanweisung.“
Für eine Leiter.
Welche Instruktionen, Tipps und Tricks muss man denn haben, um auf eine Leiter zu steigen?
Daher ist meine Theorie über die nichtvorhandene Leistung der Spieler nun diese: Auf dem Ball stand nirgends zu lesen, dass man dagegen treten muss, der war einfach nur hübsch gemustert. Da stand auch nicht: „Achtung: Bei Kopfbällen könnten Schmerzen in den vorderen Hirnlappen entstehen!“ Oder: „Seien Sie vorsichtig: Heftige Tritte gegen diesen Ball könnten zu Schmerzen im Knöchel führen!“ Da stand noch nicht einmal „Achtung: Sinnvoller Gebrauch dieser Lederkugel kann zum Sieg über den Gegner führen [Vorsicht: Traurigkeitsgefahr] sowie jubelnde Fans verursachen!“. Woher sollten diese elf leitergebrauchsanweisungsgewöhnten Jungs also wissen, was sie mit dem Dings tun sollten?
Zudem hatten die Gegner keine Sicherheitswesten an, wie gefährlich und völlig abwegig auf der Insel? In den rotweiß gestreiften Trikots waren die Spieler von Eindhoven viel zu spät im Strafraum zu erkennen, jede Gefahr in diesem Bereich müsste doch mit Hinweisschildern und Signalfarben kenntlich gemacht werden. Kein Wunder also, dass die Rangers tatenlos auf der Wiese standen, denen ist selbständiges Denken aberzogen worden.
Am Sonntag Nachmittag ist hier Pokalfinale, natürlich die Rangers gegen Celtic, also die beiden Mannschaften der Stadt. Die schottische Liga hat lediglich zehn Teams, deshalb spielen die Mannschaften pro Saison nicht zwei-, sondern vier Mal gegen einander, zwei Mal Hinspiel, zwei Mal Rückspiel. Zusätzlich dazu gibt es den Pokal. Und jedes Mal, wenn die beiden Stadtteams aufeinander treffen, geht es zur Sache.
Auf dem Rasen hat jeder Spieler am Ende eine gelbe Karte, falls er sich nicht schon den Rest des Spiels von außen ansehen muss, rotgesperrt.
Celtic gegen Rangers ist Klassenkampf und Religionskrieg in einem, Celtic ist katholisch und proletarisch, die Rangers alles andere, hauptsächlich aber upper class. Unser Depotleiter Stewart ist Rangers-Fan, er hatte uns auch die Tickets für das Spiel gegen Eindhoven besorgt. Er erzählte mir, dass in dieser Hinsicht eine scharfe Trennlinie durch die Stadt geht. Man ist entweder Celtic o d e r Rangers Fan, entweder Grün oder Blau. Eine grünblaue-türkisene-hellblaue Zone existiert nicht.
Heute Morgen nach dem Spiel fragte ich ihn, ob denn die Celtic Fans wenigstens bei einem Spiel wie gegen Eindhoven für die Rangers seien? Keine Chance, war die Antwort. Die Celtic Fans waren auf jeden Fall für den holländischen Club und freuen sich über jedes Spiel, das die Rangers verlieren. Am Sonntag Nachmittag werden wir in einen Pub mit Leinwand gehen, da hoffe ich doch schwer, dass die Celtics gewinnen, um mich ein klein wenig für ein trostloses Spiel zu rächen, auch so kann man zum Fan einer Mannschaft werden.